2019
2019 - Verstand & Verstehen
Ich kannte sie nur aus Erzählungen, doch nun sollte ich sie treffen. Eine starke Frau, um die 90 Jahre, schaute aus dem Fenster und winkte uns zu. Als wären wir alte Bekannte. Und sie ließ uns in ihr Haus als Teil ihrer Familie. Sie gab uns Kekse und Kuchen und zwischen der gebrochenen Übersetzung lächelte sie mich einfach an.
Dann zeigte sie uns stolz ihre Aussicht, das Meerespanorama neben dem Jesusportrait. Nicht nur das, wir gingen auf das Dach. Und dort zeigte sich das ganze Dorf in seiner ganzen Ruhe und Schönheit. Von diesem Ausblick erstaunt, kletterte ich vom Dach zu ihr. Sie zeigte uns ihre alten Bilder, sie und ihr Mann in jungen Jahren. Und die Augen bleiben. Ich fragte sie, ob ich ein Foto machen kann. Sie meinte, sie ist nicht schön. „Sei bellissima“ war meine Antwort.
„Du bist schön“.
Es fällt mir unglaublich schwer diesen Text zu schreiben. Ein Jahr zu beschreiben, in der es so viele Antworten gab. Ein Jahr, in dem ich meinen Frieden gefunden habe. In der das Schwarz nicht mehr ganz Schwarz ist, aber das Weiß auch nicht ganz Weiß. In der ich existiere mit einer Verständlichkeit, die mir zuvor Angst gemacht hat. Ich habe das Gefühl zu leben.
Einige fragen sich jetzt, was zur Hölle ich da sage. Ein Gefühl kann zur Gewohnheit werden. Angst war mein Antrieb, Depression meine Müdigkeit, der Tod mein Plan B und mein Zimmer meine Welt. Doch dieses Jahr war es anders.
Dieses Jahr war ich hier.
Ich habe meine Liebe wiedergefunden, die Liebe zu mir und meiner Umgebung. Und die Gelassenheit, dass ich nichts, aber auch nichts daran ändern wie sich Dinge entwickeln. Ich kann mein Bestes tun, den Menschen die Liebe zeigen, die sie verdienen, die Menschen trösten, die traurig sind. Ich hatte oft das Gefühl diese ganze Welt wie eine Mutter umarmen zu müssen, nur um sagen zu können „Ruh dich aus“.
Trotz allem wünschte ich mir noch so sehr Menschen heilen zu können, ihnen die dunkle Wolke über den Kopf weg pusten, den Regenschirm geben oder im Regen zu tanzen. Ich wollte sie festhalten und ihnen den Schmerz nehmen, den ich so gut kannte und kenne. Und trotz all der Sonne im Herzen wird mir klar:
Ich kann es nicht.
Die schlimmste Antwort dieses Jahr war die Tatsache das eigene Empfinden nicht teilen zu können. So lange ist es her, dass es mir jemals so gut ging. Und jetzt will ich nichts anderes als jedem zu zeigen, dass ich zuhöre, dass ich verstehe und dass ich da bin.
Ich verstehe diese Welt nun, kenne die Grenzen. Doch meine eigenen verblassen allmählich. Meine Welt ist jenseits der Türschwelle, mein Verständnis ist meine Droge, die Liebe mein Antrieb, die Luft meine Müdigkeit.
Die Menschen meine Sonne.
„Guardò negli occhi la ragazza,
quegli occhi verdi come il mare
poi tutto l'improvviso usci una lacrima
e lui credette di affogare.“
2020 - Verbindung
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