13 Reasons Why Not

Im Vorhinein möchte ich hier erwähnen, dass dies hier die Meinung von jemanden ist, der sämtliche Phasen durchlebt hat. Fast genauso, wie der Hauptcharakter in 13rw. Aber genauso befindet sich dieselbe Person nun mit mehr Erfahrungen in einer Haltung, die versteht, was hier falsch läuft oder falsch laufen kann.
[könnte triggernd sein und Spuren von Spoilern enthalten]


13 Reasons Why, oder zu Deutsch “Tote Mädchen lügen nicht“, ist eine Serie, die mehr oder weniger das Leben eines Mädchen zeigt, welches so langsam zu Grunde geht. Genauso auch wie sie. Am Anfang muss ich hier schon einmal erwähnen, dass der Deutsche Titel mir viel besser gefällt, allein schon weil ich die Denkweise von „Gründe führen mich zum Tod“ nicht mag, aber dazu komme ich gleich. Allgemein bleibt die Handlung dann auch die Gleiche.
Die Serie hat viel Lob, aber genauso viel Kritik erhalten, weil das Thema bis heute immer noch so heikel und sensibel ist, sodass niemand wirklich weiß, wie man damit umgehen soll. Allgemein denke ich, dass es kein schlechter Ansatz war. Die Idee, das Leben eines Mädchens zu zeigen, welches nie wirklich Probleme hatte, doch das plötzlich durch mehrere Vorfälle in ein Loch stürzt, bis das sie zum Ende nicht heraus findet.
Als jemand, der genau das erlebt (hat), kann ich sagen, dass die Geschichte gut ist. Ja, schon fast zu gut. Zu echt. Denn ja, es zeigt eine Geschichte die für viele Leben spricht, die so geendet sind. Für Menschen, die auch in diesem Loch waren. Auch für Menschen, die heute genau deswegen tot sind.
Man sieht die Reaktionen. Viele sind erschüttert und baff. Einige Menschen haben endlich begonnen ihr Verhalten und dessen Konsequenz zu reflektieren und sie wurden sich über ihre Macht bewusst.
Das ist doch super, nicht? Ja gut, aber das war‘s dann soweit auch wieder.
Denn im Endeffekt durchleben die Zuschauer gerade genau das Gleiche wie die Charaktere in der Serie. Einige von denen, vielleicht sogar selbst Täter, sehen plötzlich was sie mit ihrem Verhalten anrichten können. Einige davon finden sich bei Clay wieder, ein Charakter der einen Freund in Not nie wirklich geholfen hat (so wird es zumindest dargestellt). Und ja dann, dann gibt es die Leute, die sich viel zu sehr mit Hannah identifizieren können. Darunter auch ich. Und ich bin mir sicher, dass das der Großteil der Leute ausmacht, die diese Serie geschaut haben.
Besonders wenn man in einer Phase ist, wo man gehasst wird, missverstanden wird, sogar angegriffen wird, dann schaut man nach jemanden, der einen versteht. In dieser Serie wird man verstanden. Aber genauso wie man sich mit seinen Problemen verstanden fühlt, fühlt man sich am Ende genauso bestätigt es zu beenden. Es gibt einen die Lösung vor, die man schon lang genug im Kopf hat. Und es lässt all das gerechtfertigt wirken. So brachte sich erst letztens ein Mädchen um, was Inspiration darin fand und dem Ganzen folgte. Sie hinterließ auch Kassetten. Eigentlich sollte mich das überraschen, aber im Endeffekt habe ich nur darauf gewartet, dass genau das passiert.
13 Gründe warum. Es wird mit dem Finger auf Personen und deren Handeln gezeigt. Was bei dem einen sogar grundlegend erscheint, ist bei anderen Charakteren überhaupt nicht gerechtfertigt. Oder würdet ihr jemanden für euren Tod beschuldigen, der es nicht besser wusste?
Oh ja, ich hasse es. Dieses Denken. Dass wir den Selbstmord mit bösen Menschen rechtfertigen können. Dass es fair ist jemanden indirekt des Mordes zu beschuldigen. Doch glaubt mir, wenn man sich mal die Zeit nimmt und in sich geht, dann merkt man ganz schnell, dass es nie die Menschen und ihre Taten/Worte selbst sind, die uns zu etwas führen. Sondern wie wir es selbst auffassen und verarbeiten. Wie nah wir es an uns ran lassen. Dass es die Menschen sind, die uns zwar das Messer geben, aber wir diejenigen sind, die das Messer in der Hand haben und „Tschüss“ sagen. Wenn man das verstanden hat, dann wirkt die Serie ab ihrem Selbstmord banal. Da ist sie also, bereit sich umzubringen, nimmt für jeden, der für ihren Tod verantwortlich ist, eine Kassette auf und dann tötet sie sich. Zurück bleiben Charaktere, die sich mehr oder weniger gerechtfertigt schuldig fühlen und sich eventuell auch umbringen. Wow. Lasst mich euch eins sagen: So wie die Taten keinen Selbstmord auslösen müssen, so muss ein Selbstmord auch nicht unbedingt die Denkweise von Idioten ändern. Ich denke, dass am Ende des Tages nur die Menschen sich schuldig fühlen, für die die Person eine Rolle in ihrem Leben gespielt hat. Dem Rest, der die eigentlich schlimmen Dinge getan hat, ist es egal. Sie finden es eventuell sogar lustig. Ja, die Serie ist an den falschen Stellen unrealistisch. 
Hergehört: Menschen werden nicht besser durch deinen Tod!
Dass sich potenzielle Suizidgefährdete nun angesprochen und motiviert fühlen, war total abzusehen. Dass es am Ende aber mehr wie Amanda Todd, als wie bei Hannah enden wird, ist den Wenigsten bewusst. Denn Amanda bekommt bis heute noch Hasskommentare, obwohl sie nicht mal mehr unter uns ist.
Damals habe ich Menschen auch dafür verantwortlich gemacht, dass sie der Grund für meine Selbstmordgedanken sind. Ja, hätte mein 16 Jähriges Ich diese Serie geschaut, dann wäre ich wohl immer noch derselben Meinung. Eventuell wäre ich sogar blutend in der Badewanne mit Texten für jeden Einzelnen, der mir jemals etwas angetan hat, ohne es selbst überhaupt bemerkt zu haben. 
Aber jetzt mal allgemein gesagt: Diese Gesellschaft braucht Aufklärung. Wie verhalte ich mich gegenüber Personen, welche Bedeutung können meine Worte für andere haben, wie werde ich mir darüber bewusst? Was hat mich verletzt, was für andere unbedeutend zu sein scheint? Wann habe ich mal jemanden verletzt, ohne es zu merken? Hat die Person das wirklich so böse gemeint?

Bitte nicht falsch verstehen, eine Vergewaltigung, wie sie in der Serie passiert ist, ist nie gerechtfertigt.
Aber leider sucht sich Hannah danach auch keine Hilfe...

Stellt euch vor Hannah, für die so viele Zuschauer Empathie empfinden, weil sie sich verstanden fühlen, ja diese Hannah sucht sich jetzt Hilfe. Die zeigt den Typen an, der sie und auch ein anderes Mädchen vergewaltigt hat und verhindert so Schlimmeres in der Zukunft. Sie sucht sich Hilfe, geht zu Clay und redet mit ihm. Oder seid wie Clay, redet mit Menschen, die Probleme haben. Geht auf sie zu. Seid für sie da.

Die Serie zeigt das nicht, nein. Statt dich in den wartenden Zug zu begleiten, der in Richtung „schöne Zukunft“ fährt, begleitet die Serie dich direkt auf den Schienen, wo du knallhart von diesem Zug überfahren wirst.


Was ich damit sagen will: Diese Serie hat mehr Potential Menschen umzubringen, als sie zu retten.


An alle die das hier lesen und mit schlimmen Gedanken zu kämpfen haben: 
Dein Leben ist immer wichtiger, als jeder einzelne Grund, der dir einfallen sollte, es zu beenden. Gebe den Menschen, die dich hassen, nicht das was sie wollen: deinen Tod. Gebe ihren Worten keine Bedeutung. Denk daran, dass diese Menschen sich selbst tausend mal mehr hassen, als sie dich jemals hassen könnten. Hör auf der Spiegel für sie zu sein.
Du verdienst einen schöneren Tod als in der Badewanne zu verbluten. Aber vor allem verdienst du das glückliche Leben, dass dich in der Zukunft erwarten wird. Das verspreche ich dir!



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