2018

2018 - Das Jahr des Gesichts

5. Januar. Der Friedhof leerte sich, die Freunde waren bereit zu gehen. Nur sie blieb noch eine Weile. Nachdenklich schaute sie auf den Kranz, der nun die Urne versteckte. Wunderschön war es gewesen, so friedlich und freundlich. Die ganze Kirche war voll, was sonst nur beim Krippenspiel der Fall war. Sie wurde von so vielen geliebt, für die ehrliche, aufrichtige & liebevolle Person, die sie war. Dort lagen sie, Blumen in allen möglichen Farben, aber die Schönste von allen war immer sie. 
Ihre Cousine erinnert sich, wie fröhlich sie war. Dass dies genau das war, was sie sich vorgestellt hätte. Den Tod kann man nicht verhindern & er sollte einen selbst auch nicht hindern. Denn im Endeffekt waren es nur ein paar Minuten, die sie von uns ging. Die Beerdigung eine Stunde, in der man sich verabschiedet und ihr die letzte Ehre erwiesen hat. Aber ihr Leben war das, was sie ausmachte und an das man sich erinnern sollte. Denn das verdient die Person.
Der Friedhof war mittlerweile verlassen, doch dort stand noch die Schüssel mit den bunten Blüten. Sie nahm eine Handvoll & warf sie in die Luft, als wäre es Konfetti. Und gegen alle Wettervorhersagen schien plötzlich die Sonne.




Das Jahr 2018 startete mit der Totenstille. Ich wusste nichts mit mir anzufangen, wusste nicht wohin, wie, was, wann. Oh ja, mir war es egal wo ich sein würde. Wieso auch, dachte ich. Was soll's. Ich war leer, habe nicht gefeiert. Stattdessen versteckte ich mich für die ersten 3 Monate unter der Bettdecke. Ich mied die Sonne, wollte mit niemanden sprechen, schlief die meiste Zeit. Es war, als ob mich jeder Schritt vor meiner Zimmertür so viel Kraft kosten würde. Vor die Haustür ging ich nicht.
Und so war es mir auch egal, als ich zum Arzt fuhr & sagte, dass ich depressiv bin. Was ich damals niemals hätte machen können, war jetzt einfach so dahin gesagt. Ab jetzt konnte ich mich nicht mehr verstecken. 
Also begann ich mit Leuten darüber zu reden, denn es ist nun einmal so, wie es ist. Es war plötzlich selbstverständlich zu sagen "Hey mir geht es gerade echt nicht gut, ich bin traurig/müde/nervös" und genauso selbstverständlich trat man auf mich zu und sagte "das ist total okay!".
Ich bewarb mich, traf neue Leute. Ich bin auf die Menschen zugegangen, weil mir endlich klar geworden ist "Was soll schon passieren?".
Wer mich nicht mag, den will ich auch nicht gefallen. 
Ich denke wir machen uns alle viel zu viele Sorgen, was andere Menschen von uns denken & was getuschelt wird. Stattdessen sollten wir uns klar werden, dass die richtigen Menschen uns schon entgegen kommen werden, ohne etwas zu verlangen. Sie bleiben, weil sie wollen. Nicht, weil sie müssen. Sein Gesicht zu zeigen ist nicht einfach, aber sobald man es einmal schafft, wird es zur Selbstverständlichkeit.
Dabei muss man sich selbst gar nicht zu sehr kennen. Sei offen für die Menschen, die dir gegenüber treten. Versuch die Menschen zu verstehen, die nicht deine Meinung vertreten. Höre den Menschen zu, die es brauchen. Im Endeffekt weiß man nicht, wie oft ein Mensch dir schon sein wahres Ich gezeigt hat. Es kostet Überwindung & verdient Aufmerksamkeit. Deine Stimme verdient es gehört zu werden. Deine Ansicht verdient es verstanden zu werden.
Du bist wichtig.
Dein Gesicht. Dein Sein. 
Lass es nicht im Stich. Lass dich nicht im Stich.


"When it rains I
Get a little feeling that I do have a friend
Keeps knocking on my windows
Asks me if I’m doing well
And I answer, I’m still a hostage of life
I don’t live because I can’t die
But I’m chained to something"


2019 - Verstand & Verstehen

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